Alexander King verteidigte in der Debatte über die rbb-Affäre den öffentlich-rechtlichen Rundfunk als Alternative zu globalen privaten Medienmonopolen, stellte aber zugleich klar: „Der öffentlich-rechtliche Rundfunk muss anders werden.“ Video-Quelle: rbb-online.de

Dr. Alexander King (LINKE):
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kollegen!

Die AfD möchte den öffentlich-rechtlichen Rundfunk schrumpfen, um mal das Mindeste zu sagen, eigentlich aber abschaffen, denn darauf läuft ja Ihr Antrag hinaus. Das lehnen wir ganz klar ab.

[Beifall bei der LINKEN –Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Ich habe mich in den letzten Monaten sicher nicht mit Kritik zurückhalten, wenn es darum ging, die Missstände im RBB zu kommentieren. Wir haben es da mit Vorwürfen von Vettern- und Cousinenwirtschaft, Gier, Verschwendung, mit Intransparenz und Kontrollverlust zu tun. Das ist alles auf Kosten der Beitragszahler gegangen.

Das ist natürlich absolut unterirdisch, und da hilft auch kein Selbstmitleid der Verantwortlichen. Da muss vielmehr alles auf den Tisch, und das passiert jetzt ja glücklicherweise auch. Dazu kommen noch die Enthüllungen beim NDR zur Unterdrückung kritischer Berichterstattung. Der Anspruch des öffentlich-rechtlichen Rundfunks steht jetzt auf dem Prüfstand. Staatsfern, unabhängig von wirtschaftlichen Interessen, transparent und demokratisch kontrolliert – einen solchen Rundfunk wollen wir. Aber:
Auch der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist natürlich keine heilige Kuh. Er darf und muss kritisiert werden, wenn der Anspruch, den die Zuschauer, die ihn finanzieren, an ihn haben, nicht erfüllt wird. Deswegen geben wir aber doch diesen Anspruch nicht auf, so wie Sie von der AfD es tun, im Gegenteil! Dieser Anspruch ist gerade der Maßstab für unsere Kritik an den bestehenden Zuständen.

[Beifall bei der LINKEN]

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist wichtig für die Demokratie, und deswegen muss unsere Kritik an den Zuständen konstruktiv sein, weil sie den öffentlich-rechtlichen Rundfunk nicht abschaffen, sondern stärken will. Vetternwirtschaft, Machtmissbrauch, Anmaßung, Manipulation – das gibt es natürlich auch und erst recht bei privaten Medienkonzernen, gerade bei Springer; wir erinnern uns an die Affären um Döpfner und Reichelt. Keine Frage, bei Springer arbeiten gut ausgebildete 1-a-Journalisten, das möchte ich klarstellen, aber auch sie und gerade sie sind massiver politisch und wirtschaftlich motivierter Einflussnahme mit entsprechenden Folgen für die Berichterstattung ausgesetzt. Das macht dann den Unterschied aus zwischen verdienstvoller Recherche wie jetzt durch den Business-Insider gegen den RBB-Filz – das ist alles okay – und auf der anderen Seite aber eben auch verschleiernde bis hin zu massiv manipulativer Berichterstattung an anderer Stelle. Der Unterschied ist:
Darüber können wir uns dann zwar auch empören, aber daran können wir nichts ändern. Wo wir etwas ändern können und müssen, ist am öffentlich-rechtlichen System, weil wir als gewählte Volksvertreter mit den Staatsverträgen die Rahmenbedingungen setzen und Aufträge an den öffentlichen Rundfunk formulieren können. Da haben wir in den nächsten Wochen viel zu tun, wenn wir die Kontrollfunktion der Aufsichtsgremien und die Mitbestimmung der Mitarbeiter stärken und Complianceregeln schaffen wollen. Konstruktive Vorschläge der AfD dazu habe ich bis jetzt noch nicht gehört.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Unterhaltung und Fiktion kommen in Ihrem Rundfunkkonzept, wie Sie es nennen, gar nicht mehr vor, dabeisollten Sie als gute Patrioten Folgendes bedenken: Im vergangenen Jahr waren 80 Prozent der Filme und Serien, die in ARD und ZDF gezeigt wurden, in Deutschland
produziert. Bei RTL, Sat.1 und Vox kamen über 90 Prozent aus den USA. Das kann Ihnen eigentlich nicht gefallen. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist also auch ein Wirtschaftsfaktor, denn wo Filme und Serien produziert werden, profitiert auch die umliegende Wirtschaft.
Wir brauchen den öffentlichen Rundfunk auch als Gegengewicht zur fortschreitenden demokratiefeindlichen Konzentration auf dem globalen, werbefinanzierten Medienmarkt, wo wenige Konzerne die Kommunikation und Information von Milliarden Menschen kontrollieren. Das hat gerade wieder eine Studie des Kartellamtes gezeigt, die auf die damit verbundenen Gefahren hingewiesen hat.
Das Problem für die kleinen Medien ist nicht der öffentlich-rechtliche Rundfunk, sondern die Monopolbildung auf dem privaten Markt.

[Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Wir wollen einen demokratischen Bürgerfunk, der die Zuschauer, die ihn bezahlen, nicht belehren, sondern ernst nehmen will, der Kritik aktiv einholt. Ich bin auch dafür, dass wir mehr Möglichkeiten schaffen, wie die Zuschauer zu Wort kommen und auch Einfluss nehmen
können. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk muss anders werden; ich glaube, da sind wir uns alle einig. Er muss demokratischer, er muss transparenter werden. Er muss auch mutigen, unabhängigen Journalismus ermutigen.
Alles, was wir dafür brauchen, ist bereits vorhanden, unterhalb der Chefetagen: Es sind die vielen engagierten Journalisten, die Mitarbeiter, freie wie feste, die endlich sichtbar werden und sich jetzt zu Wort melden, die gegen die eigene Hausleitungen recherchieren, die diese Situation, so wurde es uns gestern Vormittag im Ausschuss gesagt, auch als Chance, ja, als Aufbruch empfinden.
Auch wenn dieser Aufbruch nachmittags bei der Intendantenwahl, würde ich mal sagen, erst einmal etwas verstolpert wurde, sollten wir trotzdem daran festhalten, was neulich Friedrich Küppersbusch sehr klug, wie ich finde, schrieb: Die Öffentlich-Rechtlichen können sich
gegen die Übermacht globaler Medienplayer neu selbst begründen. Die Bündnispartner dabei sind Belegschaften und Publikum. – Diesem Gedanken sollten wir folgen.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]