Fake News entgegenwirken - ohne Instrumentalisierung

Alexander King
Alexander King

Eine Studie der Bertelsmann-Stiftung in mehreren europäischen Ländern ergab, dass sich die Bevölkerung zunehmend um die Wahrhaftigkeit von Nachrichten sorgt und von der Politik erwartet, gegen Fake News vorzugehen. Ich habe der rbb-Abendschau einen kurzen O-Ton dazu gegeben. Etwas ausführlicher möchte ich meinen Standpunkt hier darstellen:

Es wundert mich nicht, dass in der Bevölkerung eine so hohe Besorgnis über Fake News gemessen wurde. Das ist einerseits Ausdruck dessen, dass die Menschen hier sensibel sind. Das haben ja auch andere Studien erwiesen: Dass Fake News nicht so leicht verfangen, wie man annehmen könnte, eben weil die Menschen überwiegend in der Lage sind, Medien kritisch zu nutzen.

Andererseits nehmen natürlich die Möglichkeiten, Fake News zu verbreiten, zu, Stichwort Künstliche Intelligenz.

Aber wir sollten nicht vergessen, dass es Fake News schon immer gab, etwa die Lügen, mit denen die Irak-Kriege oder der Jugoslawien-Krieg gerechtfertigt wurden, Brutkasten-Lüge, Chemiewaffen-Lüge, Hufeisen-Lüge.

Fake News sind eine politische Waffe, das haben wir auch im Zusammenhang mit der Berichterstattung über die große Friedenskundgebung im Februar in Berlin gesehen. Was da teilweise über die Kundgebung geschrieben wurde, hatte sehr wenig mit der Realität zu tun – und zwar von Medien, die sich selbst als seriös beschreiben würden.

Also, Fake News begegnen uns überall. Zugleich ist es auch ein politischer Kampfbegriff, denn es sind ja immer die Infos der Anderen, die Fake News sind. Infos, die die Argumente des Anderen unterfüttern. Wir haben das während der Pandemie gesehen. Und manchmal sind die Fake News von heute schon morgen gesicherte Fakten. Und umgekehrt.

Wichtig ist, dass wir glatte Lügen entlarven, aber kritische Auseinandersetzung in Politik und Wissenschaft nicht einschränken.

Das ist politisch sehr heikel, ein ganz schmaler Grad zwischen Meinungsfreiheit und dem berechtigten Wunsch nach Wahrhaftigkeit. Wir haben das kurz vor der Wiederholungswahl auch im Medienausschuss diskutiert und das sollte vertieft werden.

Das ist natürlich die Verantwortung der Medienschaffenden und, klar, auch der Intermediäre. Ich bin aber nicht der Meinung, dass globale Großkonzerne überwachen sollten, was geäußert werden darf und was nicht.

Ich sehe folgende Ansatzpunkte, um Fake News wirksam entgegenzutreten:

Erstens müssen wir die ohnehin schon starke Medienkompetenz in der Bevölkerung stärken. Hier tut die Medienanstalt schon einiges. Dafür braucht sie mehr Geld. Und deshalb unterstütze ich sehr, dass sie künftig mehr von dem Geld, das ihr ohnehin zusteht, auch wirklich behalten darf. Das regelt der neue Staatsvertrag und das ist gut, aber noch nicht hinreichend angesichts der wachsenden Aufgaben.

Das erfordert, dass wir uns noch viel grundsätzlicher damit auseinandersetzen müssen, was eine Medienanstalt wirklich leisten soll und wie sie dafür ausgestattet sein muss.

Was auch nicht geht, ist, dass die Sparbemühungen beim rbb jetzt die Arbeit der Medienanstalt behindern. Das sehen wir nämlich schon, dass das passiert.

Zweitens: Wir brauchen viele gute Journalisten, die auch die Breite der Gesellschaft abbilden. Ich glaube, dass die Schnelllebigkeit und teilweise auch der Kampagnencharakter, den politische Berichterstattung manchmal annimmt, gefördert durch den Rhythmus, den die sozialen Medien vorgeben, das Platzieren von Fake News erleichtert. Dazu kommen die Personalknappheit und, damit verbunden, die zunehmende Abhängigkeit von wenigen Quellen und weniger Zeit für Recherche.

Wir brauchen also auch mehr unabhängige, vor allem Konzern-unabhängige Ausbildungsmöglichkeiten für junge Journalisten, auch jenseits von Springer und Holtzbrink. Das müsste stärker gefördert werden.