Soziale Politik und Demokratie, Nr. 481

Interview mit Alexander King, Mitglied im Abgeordnetenhaus von Berlin, in: Soziale Politik und Demokratie, Nr. 481

Frage: Du bist Abgeordneter der Fraktion die Linke. Während des jetzigen Krieges in der Ukraine hast du dich stark in der Initiative „Heizung, Brot & Frieden“ engagiert. Du hast wiederholt betont, dass die Frage des Krieges und die soziale Frage untrennbar verbunden sind. Wurde diese Frage in deiner Fraktion diskutiert?

Alexander King: Die Berliner Landespolitik ist nicht unbedingt die Ebene, auf der die Fragen von Krieg und Frieden verhandelt werden. In der Linksfraktion gibt es außerdem unterschiedliche Auffassungen bzgl. der Sanktionspolitik. Das ist natürlich innerhalb der Berliner Koalition erst recht so. In unserer Fraktion und in der Koalition lag das Hauptaugenmerk deshalb darauf, wie die sozialen und wirtschaftlichen Folgen von Krieg, Sanktionen und Gegensanktionen abgefedert werden können. Die Koalition hat dazu einen 3-Milliarden-schweren Nachtragshaushalt verabschiedet, darin: ein Härtefallfonds zur Verhinderung von Strom- und Gassperren und Unterstützungsmaßnahmen für kleine und mittlere Unternehmen. Das fand ich alles sehr vernünftig.

Frage: Du hast in einem Interview in der Jungen Welt vom 16.12. ausgeführt, dass steigende Energiepreise, Inflation, Engpässe bei den Lieferketten Ergebnis der Sanktionspolitik gegen Russland sind. Die Zeche dafür zahlt die Bevölkerung. Verlangt nicht ein konsequenter z.B. der Kampf für die Forderung „Löhne rauf – Lebensmittel- Strom- und Gaspreise sowie Mieten runter“, die Forderung nach Aufhebung der Sanktionspolitik zu erheben? Siehst Du die Möglichkeit, den kommenden Wahlkampf als Terrain zu nutzen, um für eine solche Perspektive zu mobilisieren?

Alexander King: Meine persönliche Auffassung ist es, dass wir die Sanktionspolitik grundsätzlich in Frage stellen und von der Bundesregierung diplomatische Bemühungen um einen Waffenstillstand in der Ukraine fordern müssen. Ich bin froh, dass sich diese Ansicht in der LINKEN so langsam durchsetzt. Zumindest interpretiere ich die jüngste Vorstellung eines „Friedensplans“ durch den Parteivorsitzenden Schirdewan so. Ich werde meine Position auch im Wahlkampf vertreten, denn ohne ein Ende der Wirtschaftssanktionen wird die soziale Abfederung ein Fass ohne Boden und wird die De-Industrialisierung Deutschlands nicht aufzuhalten sein. Ich freue mich, dass ich mit Sahra Wagenknecht eine starke Unterstützerin dieses Standpunktes im Wahlkampf in Tempelhof-Schöneberg zu Gast haben werde.

Frage: Du hast die Initiative der Stadtverordnetenversammlung von Königs Wusterhausen unterstützt, die in einem Offenen Brief an Kanzler Scholz gefordert hatten: „Die Waffen müssen schweigen – im Waffenkrieg und im Wirtschaftskrieg!“ Könntest Du dir vorstellen, im Wahlkampf für eine entsprechende Initiative von der Linken im Abgeordnetenhaus und in den Bezirken einzutreten?

Alexander King: Ich fand die Initiative aus Königs Wusterhausen ganz toll. Erst kürzlich habe ich erfahren, dass es in Brandenburg noch weitere derartige Initiativen gab. Ja, ich würde es sehr gut finden, wenn auch Bezirksverordnetenversammlungen (BVVen) in Berlin ähnliche Resolutionen bzw. offene Briefe beschließen könnten. Ich werde im Wahlkampf dafür werben. Man muss allerdings dazu sagen, dass die politischen Konstellationen nicht so günstig für ein solches Unterfangen sind. Von den anderen Fraktionen ist da kaum Unterstützung zu erwarten. Für das Abgeordnetenhaus gilt das natürlich erst recht. Aber es spricht natürlich nichts dagegen, es trotzdem zu versuchen, gerade auf BVV-Ebene.

Frage: Welche Vorstellungen gibt es, um die Initiativen gegen den Krieg zu verstärken?

Alexander King: Ich werde weiterhin das Bündnis „Heizung, Brot und Frieden“ unterstützen, das als einziges Berliner Protestbündnis die Friedens- und die soziale Frage zusammendenkt. Ich hoffe, dass wir als Bündnis die Zusammenarbeit mit der Berliner Friedensbewegung ausbauen können. Und dass wir mit weiteren Aktionen im neuen Jahr noch mehr Leute erreichen. Außerdem freue ich mich darüber, dass es am 4. März eine größere Veranstaltung geben wird, auf der Akteure aus dem gewerkschaftlichen Spektrum, linken Parteien und Organisationen, der Friedensbewegung und unserem Protestbündnis über diese Fragen beraten, den Blick gesamteuropäisch weiten und hoffentlich auch Aktionsideen erarbeiten werden.