Alexander King in seiner zweiten Plenarrede am 10. März: „Entscheidend für unsere Energiesicherheit wird es sein, die Steuerung der Energieversorgung wieder möglichst vollständig in die öffentliche Hand zu legen.“

Quelle: rbb

 

Dr. Alexander King (LINKE):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kollegen! Wenn ich kurz um Gehör bitten darf!

[Torsten Schneider (SPD): Müssen Sie etwa lachen?]

Die FDP sorgt sich um die Energiesicherheit für die privaten Haushalte und Betriebe in Berlin, und wir tun das auch. Wir haben jetzt an den Märkten ein wirklich gefährliches Chaos aus realer Knappheit, Spekulation und jetzt noch den Kriegsfolgen. Der Ölpreis, das wurde schon gesagt, ist fast auf einem Allzeithoch, der Gaspreis hat sich verzigfacht, Spritpreise gehen durch die Decke, und wenn jetzt die Energielieferungen aus Russland noch zum Erliegen kommen, egal durch wen veranlasst, müssen wir mit einer Vervielfachung der Gaspreise auch für die Endverbraucher rechnen, mit unabsehbaren Folgen für die Betroffenen, für
den sozialen Frieden in unserem Land und natürlich auch für die deutsche Wirtschaft. Einen Vorgeschmack gibt es ja schon: Wir haben in diesem Jahr schon zwei wirklich krachende Erhöhungen bei den Gaspreisen in Berlin erlebt, und jetzt sagt die GASAG, sie kann gar keine vernünftigen Tarife für Neukunden mehr anbieten. Wir sehen doch jetzt, wir haben viel zu lange gewartet mit
dem Umstieg auf dezentral produzierte und dezentral genutzte nachhaltige Energie und mit Investitionen in die Energieeinsparungen.

[Beifall bei der LINKEN]

Die offensichtlichen Probleme bei der fossilen Energieversorgung können doch nur eine Antwort haben: Wir müssen raus aus der fossilen Energieversorgung. Wir können das nur so beantworten. Wen die ökologischen und klimapolitischen Argumente nicht überzeugen, der muss es doch jetzt sehen mit den Problemen, die wir haben, mit der Preisentwicklung, mit dem Krieg. Ich kann gar nicht verstehen, wie man jetzt noch gegen eine Energiewende wettern kann.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Natürlich ist es richtig, dass wir einen Plan brauchen, wie die Grundversorgung mit Energie sichergestellt werden kann. Einen solchen Plan brauchen wir vor allem bundesweit, denn Berlin ist keine Energieinsel. In diesem Zusammenhang fällt natürlich auf, dass die FDP in ihrem Antrag eine durchaus beeindruckende Sammlung mit Forderungen vorlegt, auch mit guten Forderungen, aber eigentlich vor allen Dingen Aufträge an sich selbst formuliert, insofern, als es hier ja an vielen Stellen um bundespolitische Aufgaben geht und um einen bundesweiten Markt. Die FDP sitzt in der Bundesregierung und kann sich dort also um diese Sachen kümmern und sollte das auch tun – wenn Sie da Nachbesserungsbedarf in der Ampel anmelden wollen.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN –Torsten Schneider (SPD): Kluger Mann!]

Deutschland treffen die Preisanstiege deshalb so stark, weil der Ausbau erneuerbarer Energien und der Energieeinsparung bislang verschleppt wurden. Da gibt es im Bund und natürlich auch in Berlin wirklich viel nachzuholen. Unsere Koalition hat genau das vor. Dazu haben auch die Kollegen von SPD und Grünen etliche Punkte vorgetragen. Das will ich gar nicht im Einzelnen wiederholen. Die Stichpunkte waren: Investitionen in Energieeffizienz, Verkehrswende, Solarkampagne, IBB-Förderprogramm und natürlich auch die Wasserstoffstrategie; natürlich werden wir die umsetzen und auch weiterentwickeln, wie im Koalitionsvertrag vereinbart. Dazu brauchen wir nicht die ausdrückliche Einladung der FDP. Das machen wir sowieso, genauso wie wir Mieterstrom, Wärmepumpen und Geothermie, fördern wollen.

[Zuruf von Stefan Förster (FDP) und Torsten Schneider (SPD)]

Wenn wir das alles, vielleicht mit Ihrer Unterstützung umsetzen, umsetzen, werden wir schneller unabhängig von fossilen Energieträgern und damit auch von geostrategischen Wechselfällen, und ich glaube, wir sehen alle, wie wichtig das ist.
An die Verlangsamung des Kohleausstiegs denken wir dabei übrigens natürlich nicht. Das wäre wirklich kein Beitrag zu einer auf Dauer sicheren und nachhaltigen Energieversorgung. Da haben wir auf jeden Fall einen Dissens mit der FDP. Energiewende und Energiesicherheit werden wir nicht im freien Spiel der Marktkräfte erreichen. Da habe ich auch einen Dissens mit Herrn Gräff, glaube ich. Genau dieses freie Spiel der Marktkräfte hat uns jetzt das ganze Schlamassel mit den niedrigen Speicherständen überhaupt eingebrockt. Im Gegenteil: Ganz entscheidend für das Gelingen des Umstiegs und für unsere Energiesicherheit wird es sein, die Steuerung der Energieversorgung wieder möglichst vollständig in die öffentliche Hand zu legen.

[Beifall von Anne Helm (LINKE) und Carsten Schatz (LINKE)]

Wir brauchen eine integrierte Bewirtschaftung der Energienetze, damit nicht einzelne und möglicherweise konkurrierende Unternehmensinteressen maßgeblich sind für die Neuausrichtung der Energieversorgung, sondern das öffentliche Interesse an einer ökologischen, sozial ausgewogenen und stabilen Energieversorgung für alle Berliner.

[Beifall von Anne Helm (LINKE), Carsten Schatz (LINKE) und Steffen Zillich (LINKE)]

Die Versorgung der Menschen mit Wärme und Strom ist ein Grundrecht und eine öffentliche Aufgabe, und das gilt auch in Krisensituationen. Deshalb wollen wir die Berliner Stadtwerke weiter stärken und die Rekommunalisierung der Gas- und Fernwärmeversorgung ansteuern. Das bleibt auf der Agenda und ist jetzt wichtiger denn je.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Dunja Wolff (SPD) – Zuruf von Torsten Schneider (SPD)]