Zur Bedeutung der Friedenskundgebung am 25. Februar, zur Rolle der Medien und der erfreulichen Widerspenstigkeit der Bevölkerung
und dazu, wie es jetzt weitergehen muss, durfte ich am Samstag als Schlussredner der Konferenz linker Gewerkschafter in Kreuzberg sprechen.
Liebe Freundinnen und Freunde,
ich möchte zum Abschluss unserer Versammlung vier Bemerkungen machen.
Zunächst: Eine solch gut besuchte, gut organisierte und kraftvolle Veranstaltung auf die Beine zu stellen, nur eine Woche nach der Kundgebung vom letzten Samstag, die auch schon viele Kräfte gebunden hatte, das ist keine Selbstverständlichkeit, aber das ist genau das richtige. Dafür vielen Dank, insbesondere an Carla und Gotthard, stellvertretend für alle, die mitgeholfen haben.
Wir leben in einer Zeit starker gesellschaftlicher Zuspitzung. Da brauchen wir Mut, Unerschrockenheit und Zusammenhalt. Das habe ich heute hier gespürt. Und auch dafür vielen Dank an alle Mitwirkenden, an euch alle.
Zweitens: Die große Bedeutung der Friedenskundgebung vom 25. Februar bemisst sich nicht alleine an der hohen Zahl ihrer Teilnehmer, sondern auch an den Reaktionen der Medien und der herrschenden Politik. Wir haben vorhin von Sevim gehört, wie sich der Bundestag eine Woche lang daran abgearbeitet hat. Und wir erleben den Hass und die Hetze in den Medien und aus dem gesamten politischen Establishment, bis leider hinein in die Linke. So wichtig ist es ihnen, die Kundgebung zu diskreditieren, dass sie dafür sogar in Kauf nehmen, AfD und andere rechte Gruppen zu stärken, indem sie deren klägliche Vereinnahmungsversuche medial aufplustern, um die Friedensbewegung zu schwächen.
Das Besondere ist: Gegen das Establishment steht eine widerspenstige Bevölkerung. Es ist doch erstaunlich, dass trotz der 100%igen Gehirnwäsche so viele Leute auf die Kundgebung gekommen sind und in Umfragen sich die Hälfte der Befragten gegen Waffenlieferungen und für Verhandlungen aussprechen. Das macht Hoffnung.
Drittens: Ich wurde vorhin als Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses vorgestellt. Das bin ich auch noch – allerdings nur noch anderthalb Wochen lang. Ich war ein gutes Jahr lang medienpolitischer Sprecher der Linksfraktion. Und vor diesem Hintergrund möchte ich Folgendes betonen:
In meinem ganzen politischen Leben habe ich eine vergleichbare mediale Hetze noch nicht erlebt. Wir können das zu Recht beklagen, wir dürfen aber nicht dabei stehen bleiben. Wir müssen uns wehren. Ich appelliere, Gegenmedien, Gegenöffentlichkeit, die es gibt, zu unterstützen und zu stärken. Ich appelliere, Leserbriefe zu schreiben, sich an die Redaktionen der Zeitungen und Sender zu wenden. Und insbesondere:
Lasst uns um den öffentlich-rechtlichen Rundfunk kämpfen. Es ist viel zu sehr aus dem allgemeinen Bewusstsein verschwunden: Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist unser Rundfunk. Wir bezahlen ihn. Jeder von uns, ob er will oder nicht. Jeder Haushalt mit 18,36 Euro pro Monat. Wir müssen uns diese Art der Berichterstattung nicht gefallen lassen. Wir dürfen höhere Ansprüche an die Qualität haben.
Der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat einen Auftrag zu erfüllen, der in Staatsverträgen gesetzlich festgeschrieben ist. Er hat den Auftrag, die Meinungsvielfalt widerzugeben, er hat einen Bildungsauftrag, eine Informationspflicht. Daran müssen wir ihn messen, das müssen wir einfordern.
Dazu gehört auch: Gute, freie, unabhängige Berichterstattung gibt es nur unter guten Arbeitsbedingungen. Wo Journalisten überwiegend prekär sind, sind sie nicht unabhängig. Weil wir hier in einer Konferenz von Gewerkschaftern sitzen, möchte ich appellieren: Unterstützt auch die Arbeitskämpfe der Kollegen, insbesondere der Freien, in den Medien, derzeit etwa beim RBB.
Und schließlich viertens: Wie geht es weiter nach dem 25. Februar? Wir sollten den Impuls, den die Kundgebung gesetzt hat, nutzen für die Bildung vieler dezentraler Gruppen.
Zugleich müssen wir uns vernetzen und gemeinsam auf eine weitere große zentrale Aktion orientieren. Das gehört zusammen: Wir hätten am 25. Februar noch mehr Leute aus ganz Deutschland dabeigehabt, wenn es mehr lokale Gruppen gegeben hätte, die die Anfahrt nach Berlin hätten organisieren können. Wir hatten über 20 Busse, aber noch viel mehr Anfragen von Menschen aus ganz Deutschland, die gerne gekommen wären, wenn aus ihrer Stadt ein Bus gefahren wäre.
Was den Termin einer weiteren Großveranstaltung betrifft, müssen wir flexibel sein. Das hängt am Verlauf der weiteren Debatte, etwa über die Lieferung von Kampfjets. Wenn das akut wird, müssen wir spontan reagieren.
Eines ist mir ganz wichtig: Was jetzt in Bewegung kommt, ist in dem Sinne „neu", als viele neue Menschen und hoffentlich auch neue lokale Gruppen zur Friedensbewegung dazustoßen. Aber: Selbstverständlich baut das alles auf der Vorarbeit der bisherigen Friedensbewegung, in Berlin: der Friko, auf. Insofern würde ich auch nicht unbedingt von einer „neuen" Friedensbewegung sprechen, sondern auch von einer „wiedererstarkten".
In diesem Sinne sollten wir jetzt alles dafür tun, die Ostermärsche der Friedensbewegung zu unterstützen. Damit viele Menschen, viel mehr als in den letzten Jahren, teilnehmen, damit es machtvolle Friedensdemonstrationen werden. Das ist die nächste Etappe nach dieser wichtigen Konferenz heute. Dass die Ostermärsche nach der erfolgreichen Kundgebung vom letzten Samstag schwächeln – diesen Gefallen dürfen wir unseren Gegnern nicht tun!
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