Energiearmut bekämpfen, Gas- und Stromsperren verhindern!
Alexander King: „Energiearmut ist kein individuelles Schicksal, es ist keine Schande, in Schieflage zu geraten. Wir haben hier vielmehr eine gesellschaftliche Aufgabe, die wir in Berlin gemeinsam lösen.“
Dr. Alexander King (LINKE):
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Dunkeln sitzen zu müssen, nicht kochen, elektrische Geräte nicht mehr verwenden und vielleicht sogar die eigene Wohnung nicht mehr beheizen zu können – das eigene Zuhause wird quasi unbewohnbar –, das ist die Folge von Strom- und Gassperren, und das ist Jahr für Jahr und viel zu oft die traurige und eigentlich unglaubliche Realität vieler Menschen, auch in Berlin. Das darf nicht so bleiben.
[Beifall bei der LINKEN – Beifall von Jörg Stroedter (SPD) und Jian Omar (GRÜNE)]
Wir wollen möglichst viele Menschen aus dem Teufelskreislauf der Energiearmut bereits vor dem Auflaufen von Energieschulden herausholen, und wir wollen Energiesperren als Spitze der Energiearmut verhindern. Das ist das zentrale Anliegen unseres Antrags, und ich hoffe, dass dieses Anliegen hier breit geteilt wird.
[Beifall bei der LINKEN – Beifall von Jörg Stroedter (SPD) und Jian Omar (GRÜNE)]
Die letzte und die aktuelle Berliner Koalition haben schon viel vorgelegt, um Energiesperren zu vermeiden: die Einrichtung des Runden Tisches gegen Energiearmut und der Energieschuldenberatung, mit deren Hilfe viele Energiesperren Gott sei Dank bereits verhindert werden konnten. Und auch in der aktuellen Energiepreisekrise: Kein anderes Bundesland hat einen vergleichbaren Härtefallfonds zum Schutz der Bürger vor Gas- und Stromsperren wie Berlin ihn hat.
[Beifall bei der LINKEN – Florian Kluckert (FDP): Aber Italien!]
Über 100 Anträge sind bereits in den ersten Tagen eingegangen, und ich kann die Berliner nur aufrufen: Lassen Sie sich beraten, und lassen Sie sich helfen! Energiearmut ist kein individuelles Schicksal, es ist keine Schande, in Schieflage zu geraten. Wir haben hier vielmehr eine gesellschaftliche Aufgabe, die wir in Berlin gemeinsam lösen.
[Beifall bei der LINKEN – Beifall von Jörg Stroedter (SPD) und Julia Schneider (GRÜNE)]
Um weiter gegen Energiearmut vorzugehen, müssen wir aber auch Rahmenbedingungen im Bund verändern. Energiearmut zu bekämpfen ist eine Aufgabe, die sich auf Landes- und auf Bundesebene stellt. Ein Moratorium für Strom- und Gassperren: Morgen wird im Bundesrat darüber abgestimmt, ob wir das zumindest für diese Heizperiode noch hinbekommen, und zwar auf Initiative Berlins und anderer Länder mit linker Regierungsbeteiligung. Wir hoffen, dass diese Initiative morgen erfolgreich sein wird.
[Beifall bei der LINKEN – Beifall von Julia Schneider (GRÜNE)]
Sicher ist es leider noch nicht, denn es gibt, eigentlich unglaublich, Gegenwind.
Die CDU, die FDP und leider teilweise auch die Grünen in einigen Ländern arbeiten seit Wochen dagegen an. Es wird also spannend morgen. Ich empfehle allen dringend, genau mitzuverfolgen, wer hier die Bürger schützen möchte und wer nicht.
[Beifall bei der LINKEN]
Falls die Initiative morgen Erfolg haben sollte, was wir im Interesse der vielen Betroffenen hoffen, wird es gleichwohl nur der erste Schritt sein. Wir brauchen eine grundsätzliche Regelung im Bund. Darum geht es in dem heute vorgelegten Antrag. Strom- und Gassperren müssen gesetzlich stark eingeschränkt und einer generellen Genehmigungspflicht unterworfen weren. Für Haushalte, beispielsweise mit Kindern oder zu pflegenden Angehörigen, sollen sie künftig ausgeschlossen sein und im Winter sowieso verboten werden.
Wir wollen außerdem erreichen, dass Energiekosten bei Sozialleistungsempfängern dynamisiert und in der tatsächlich anfallenden Höhe übernommen werden. Das wäre ein wichtiger und wirklich dringend notwendiger Beitrag zur Verhinderung von Energiearmut.
[Beifall bei der LINKEN – Beifall von Jian Omar (GRÜNE) und Jörg Stroedter (SPD)]
Der seit Januar im Regelsatz für Haushaltsstrom vorgesehene Anteil von 40,74 Euro reicht nicht aus. Bei einem durchschnittlichen Ein-Personen-Haushalt entsteht so eine Lücke von über 170 Euro im Jahr, die sich diese Person von Essen und Kleidung absparen muss. Da sind dann Energiearmut und Energieschulden vorprogrammiert. Es darf nicht sein. Deshalb müssen die tatsächlichen Belastungen durch die Ämter übernommen werden.
[Beifall bei der LINKEN]
Schließlich fordern wir das Eintreten für eine echte Übergewinnsteuer, die über das bisher Erreichte noch hinausgeht. Im Grunde bräuchten wir eine internationale Initiative, wenn wir die Gewinnmargen der großen Energiekonzerne anschauen. Shell hat im vergangenen Jahr seine Gewinne verdoppelt auf fast 40 Milliarden Dollar, so viel wie noch nie. ExxonMobile, Chevron, BP, Total, sie haben alle von der globalen Angebotsverknappung profitiert. Zig Milliarden an Dividenden werden ausgezahlt. Das muss man sich einmal vorstellen. Und wir reden hier über Energiearmut und Energiesperren.
[Beifall bei der LINKEN – Beifall von Benedikt Lux (GRÜNE)]
Wir sollten nicht vergessen, diese Übergewinne und Dividenden wurden den Verbrauchern und Steuerzahlern abgeknöpft. Insofern ist es nur gerecht, wenn sie an diese zurückgegeben werden.
Videoquelle: rbb-online