„Die Energiewirtschaft in öffentlicher Hand und eine deutliche Erhöhung des öffentlichen Wohnungsbestands – Stichwort Deutsche Wohnen und Co. enteignen – ermöglichen die soziale und ökologische Steuerung, die wir gerade jetzt in der Klima- und Energiepreiskrise so dringend brauchen.“ So Alexander King in der Aktuellen Stunde des Abgeordnetenhauses am 26. Januar 2023.

Dr. Alexander King (LINKE):
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kollegen!

Die Berliner wissen, dass diese Koalition Verantwortung übernommen hat in einer Situation, in der Krisen von außen auf unsere Stadt einwirken – Krieg, Flucht, Inflation, Klima. Sie sehen, dass diese Koalition die Menschen schneller, besser, wirkungsvoller unterstützt als jede Landesregierung in Deutschland mit CDU-oder FDP-Beteiligung.

[Lachen bei der CDU und der FDP]

Ja, natürlich!

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Max Landero Alvarado (SPD)]

Insofern: Augen auf bei der Wahl, ganz richtig! Denn erstens brauchen wir auch künftig eine Linke Sozialsenatorin in Berlin.

[Beifall bei der LINKEN]

Es ist doch klar: In keiner anderen Regierungskonstellation hätte es ein Berliner Entlastungspaket mit einer so starken sozialen Komponente gegeben.

[Kurt Wansner (CDU): Jawohl!]

Das wissen die Berliner. Ich denke da an das „Netzwerk der Wärme“, das 9-Euro-Sozialticket

[Björn Matthias Jotzo (FDP): Das hatten Sie vergessen!]

und natürlich – wenn Sie vielleicht mal zuhören! – an den Härtefallfonds, den unser Linker Sozialsenat entwickelt hat und der mit großer Reichweite die Berliner gegen das Schlimmste absichern wird,

[Kurt Wansner (CDU): Wie viel ist denn ausgezahlt worden?]

nämlich gegen das Abdrehen von Strom und Gas aufgrund von Zahlungsschwierigkeiten.

[Beifall bei der LINKEN]

Wie schnell Menschen in diesen Zeiten in eine solche Verlegenheit geraten können, haben wir im vergangenen Jahr gesehen: Rund 200 000 Mal wurde in Berlin eine Strom- oder Gassperre angedroht, 12 500 Mal der Strom und fast 1 300 Mal das Gas abgedreht. Das ist ein gesellschaftspolitischer Skandal ersten Ranges.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN – Kurt Wansner (CDU): Dafür sind Sie verantwortlich!]

Wenn wir übers Energiesparen sprechen, dann muss auch das angesprochen werden: Es gibt auch ein unfreiwilliges Energiesparen.

[Zuruf von Holger Krestel (FDP)]

Hier muss sowieso dauerhaft Abhilfe geschaffen werden. Das ist eine Forderung, die wir an den Bund haben: Strom- und Gassperren müssen grundsätzlich untersagt werden. Dafür setzen wir uns ein.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Ein erster Schritt ist jetzt übrigens möglich: Das Land Berlin beantragt im Februar gemeinsam mit Mecklenburg-Vorpommern und Bremen im Bundesrat ein Moratorium für Energiesperren für diese Heizperiode. Ich appelliere an alle Parteien, die an Landesregierungen beteiligt sind, diese Initiative zu unterstützen.

[Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Zweitens: Wir brauchen auch künftig eine Berliner Koalition, die auf Bundesebene Druck macht, wo die Politik der Ampel zu wünschen übrig lässt,

[Lachen bei der CDU – Zuruf von Sibylle Meister (FDP)]

denn wir können mit vielem nicht zufrieden sein. Zwei Beispiele: Dass die Gasumlage nicht gekommen ist und stattdessen Preisbremsen eingezogen wurden, musste gegen die Ampel durchgesetzt werden,

[Torsten Schneider (SPD): Aber nicht von euch!]

auch mit öffentlichem Druck. Deshalb ist öffentlicher Protest nichts Schlechtes, sondern manchmal wichtig und notwendig.

[Vereinzelter Beifall bei der LINKEN – Zuruf von Ronald Gläser (AfD)]

Anderes Beispiel: Berlin hat sich für die Übergewinnsteuer eingesetzt. Sie kam, aber sie ist natürlich recht zurückhaltend angelegt. Sie lässt fast das gesamte Jahr 2022 aus, setzt erst im Dezember ein und zieht in der Mineralölindustrie nur 30 Prozent überhaupt heran; das reicht nicht. Denn auch diese Krise hat natürlich zwei Seiten; die steigenden Kosten für die Verbraucher entsprechen den explodierenden Gewinnen der Konzerne. Dieser Zusammenhang, diese Gewaltige Umverteilung aus den Taschen der Verbraucher und jetzt auch der Steu-
erzahler in die Taschen der Konzerne

[Ronald Gläser (AfD): Und der Regierung! Zuruf von Jeannette Auricht (AfD)]

kann gar nicht oft genug angesprochen werden. Da müssen wir noch viel konsequenter ran!

[Beifall bei der LINKEN]

Drittens: Wir brauchen auch weiterhin eine Koalition, die bereit ist, Geld in die Hand zu nehmen,

[Jeannette Auricht (AfD): Mehr Geld!]

um Lücken bei der Entlastung zu füllen, die der Bund übrig lässt, und die gibt es nicht zu knapp. Vorhin war schon die Rede von den Haushalten, die mit Heizöl, Kohle oder Holz heizen – das sind in Berlin 330 000. Der Bund hat hier lange gezögert,

[Heiko Melzer (CDU): Sie auch!]

und die Unterstützung, muss man sagen, fiel bescheiden aus. Auch hier hat der Senat Hilfe beschlossen. Er stand

bereit – zum Glück! Denn insbesondere bei den Heizern mit Holz und Kohle handelt es sich oft um wirtschaftlich schlechtgestellt Haushalte. Wir können also festhalten: Dieser Senat hat diejenigen im Blick, die unter der Energiepreiskrise am stärksten leiden, die unter den Verbrauchern in dieser Stadt die prekärsten sind.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD und den GRÜNEN]

Deshalb – viertens – brauchen wir auch künftig und angesichts der Herausforderungen, die sich stellen, einen starken, sozialorientierten Verbraucherschutz mehr denn je.
Jetzt sind hohe Energiepreise sicher auch eine Erinnerung daran, dass es natürlich immer richtig ist, sparsam mit Energie umzugehen, vor allem dann, wenn es fossile Energie ist. Sie sind aber zunächst mal vor allem eine wirtschaftliche und soziale Herausforderung. Ohnehin kenne ich niemanden, der nicht sowieso sparsam mit Energie umgeht. Die allermeisten Familien und Unternehmen müssen nicht zum Sparen erzogen werden, sie sparen ohnehin aus eigenem Antrieb und auch weil sie es müssen.
In diesem Zusammenhang fände ich es übrigens angebracht, wenn wir die Wirkung der Energiesparmaßnahmen am Arbeitsplatz bald mal evaluieren würden, damit wir im nächsten Winter wissen, ob hier der Einsparnutzen in einem vernünftigen Verhältnis zum Opfer der Arbeitnehmer steht. Personal- und Betriebsräte sehen das nämlich etwas kritischer als Kollege Lux, muss ich sagen, und sollten dazu befragt werden.

[Beifall bei der LINKEN]

Es geht also nicht um Belehrungen, es geht auch nicht um gute Tipps, die wir heute auch schon zahlreich gehört haben; es geht um Beratung und konkrete Hilfe. Das sind wichtige Bausteine bei der Bewältigung der Energiekrise. Das ist unbedingt sinnvoll, und hier hat der Senat einiges vorzuweisen, etwa die verstetige und ausgebaute Förderung für die bestehenden Beratungsangebote oder die Erweiterung sozialer Projekte um eine Energieberatungskomponente, verbunden mit Schulungen. Ich finde, wir können stolz darauf sein, dass es so eine Vielfalt von teilweise sehr zielgruppengenauen Beratungs- und Hilfsangeboten in Berlin gibt und dass wir sie in Berlin unterstützen.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Raed Saleh (SPD)]

Ich will exemplarisch die Energieschuldenberatung und den Runden Tisch Energiearmut herausheben, die seinerzeit – das darf ich hier mal sagen – auf Initiative der Linken eingerichtet wurden. Gut, dass wir sie haben! Eine hervorragende Arbeit wird da geleistet. Jetzt hat die Koalition sie weiter ausgebaut und die Finanzen verstetigt. Das war ein wichtiger Schritt, um Planungssicherheit zu schaffen, längerfristige Arbeitsverträge zu ermöglichen und damit überhaupt Personal zu binden. Ich erlaube mir, das starke Engagement meiner Kollegin Katrin Seidel hervorzuheben, die sich wirklich sehr für eine solche Verstetigung eingesetzt hat.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Raed Saleh (SPD)]

Ich will auch den Stromspar-Check der Caritas erwähnen, wo geschulte Langzeitarbeitslose arme Haushalte besuchen und Energieberatungen durchführen. Auch das wird
weiter ausgebaut – zu Recht, das ist ein sehr gutes Programm, das Verbraucherschutz, Schutz vor Energiearmut und berufliche Qualifikation beziehungsweise Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt verbindet.
Zu einem besseren Verbraucherschutz gehört aber auch Folgendes: Wir erinnern uns an das Chaos vor einem Jahr, als Billiganbieter den Grundversorgern allein in Berlin Zehntausende Strom- und Gaskunden vor die Tür kippten mit unglaublichen Härten, die das für die Betroffenen mit sich brachte. Wir brauchen dringend ein Energiewirtschaftsrecht, das die Verbraucher künftig besser vor den Folgen unseriöser Angebote und vor unerwarteten Kündigungen schützt. Auch dafür setzt sich die rot-grün-rote Koalition im Bund ein.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD und den GRÜNEN]

Aktiver Verbraucherschutz ist auch das: Die Berliner Stadtwerke streichen ihre Übergewinne nicht einfach ein, sondern geben sie an die Kunden und an die Stadt zurück, ohne wichtige Investitionen in die Energiewende zu vernachlässigen. Das geht nur, weil wir ein kommunales Stadtwerk haben, das leistungsstark ist, gut wirtschaftet und sich zugleich den Berlinern verpflichtet fühlt.

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN]

Das Gegenteil von dem, was hier oft über kommunale Unternehmen erzählt wird, ist also richtig. Der Kampf gegen den Klimawandel und der Kampf um soziale Gerechtigkeit gehören für uns zusammen. Da geht es um energetische Sanierung, die nicht zu höheren Mieten und Verdrängung führen darf, genauso wie um preiswerte, sichere und natürlich perspektivisch klimaneutrale Energieversorgung und Mobilität für alle, das heißt, ohne fantastilliardenschwere Gewinnmargen der Energieproduzenten.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD und den GRÜNEN]

Die Energiewirtschaft in öffentlicher Hand und eine deutliche Erhöhung des öffentlichen Wohnungsbestands, Stichwort „Deutsche Wohnen und Co. enteignen“, ermöglichen die soziale und ökologische Steuerung, die wir gerade jetzt in der Klima- und Energiepreiskrise dringend brauchen. – Danke!

[Beifall bei der LINKEN – Roman-Francesco Rogat (FDP): Absurd!]

Präsident Dennis Buchner:
Für die FDP-Fraktion hat die Kollegen Meister das Wort.